Machinima in Second Life
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Eine Gebrauchsanleitung wie man in Second Life einen Film dreht.
von Michael Ratay, Iris Frisch, Christian Niederberger, Helene Traxler, Marian Kallinger, Sarah Mazeth und Hanna Steinbichler.
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Was ist ein Machinima
Ein Machinima ist ein Film, der mit Hilfe einer Game-Engine erstellt wird - realtime aufgezeichnet wird, also nicht gerendert ist. Dieses Kunstwort setzt sich aus "machine", "cinema" und "animation" zusammen. Die Wiedergabe beziehungsweise die Verbreitung erfolgt fast immer in Modellzeit (gerendert als zB .mov .avi), teilweise aber auch in Echtzeit (wie im Theater). Der Film kann nur anhand dessen aufgebaut werden, was die Game-Engine zur Verfügung stellt (Texturen, Animationen). Es ist allerdings auch möglich eigene Texturen, teilweise sogar ganze Maps (UnrealTurnament) zu kreieren, Animationen zu scripten und einzubinden (je nach Spielehersteller).
Was ist Secondlife
SecondLife ist eine Internet-3D-Infrastruktur für von Benutzern gestaltete virtuelle Welten, in der Menschen in Form von Avataren interagieren, spielen, Handel betreiben und anderweitig kommunizieren können. SL ist seit 2003 oneline und hat ca. neun Millionen Mitlgieder, von denen sich jedoch viele nur einmal angemeldet und dann nie wieder eingeloggt haben. SL ist im Prinzip nichts anderes als ein ausgeweiteter Chatroom, eine Profilierungs- und Selbstdarstellungsplattform im virtuellen Raum, also eigentlich kein Spiel - denn es gibt weder einen tatsächlichen Spielinhalt oder -ablauf der vorgegeben ist, noch ein Ziel das erreicht werden kann. Es wird darauf gesetzt, das Menschen das Bedürfnis haben sich individuell zu identifizieren, und das auch in einer Medienlandschaft wie dem Internet. In SL ist die Möglichkeit gegeben, sich selbst neu zu erfinden - Sexcrossing zu betreiben, ihr körperliche Erscheinungsbild neu zu erfinden - und somit auch ihre (mediale/virtuelle)Identität. Aber nichtsdestotrotz, lassen sich auch für diese Anwendung Texturen erstellen, uä wie oben schon erwähnt.
Ich mache einen Machinima in SL
Auf was sollte man im Genauen achten, wenn man sich daran macht einen Machinima zu machen - ein Machinima ist auch nur ein Film. Man sollte sich, wie auch für jeden anderen Film genug Zeit nehmen. Locations checken, die Story fixieren, ein Team auswählen, die Einstellungen durchgehen und alles genau planen. Nur weil der Dreh in einem Raum und an 5 Computern stattfindet, sollte man das ganze Projekt nicht unterschätzen und genügend Vorlaufzeit, Dreh- und Postproduktionszeit einkalkulieren, damit man am Ende auch zum gewünschten Ergebnis kommt.
Vorüberlegungen
Entscheidungen im Vorfeld
Folgende Punkte sollte man bedenken:
- Was will ich erzählen
- Wie viel Zeit steht mir zur Verfügung
- Welche Software und welche Tools werde ich benötigen
- Wie viele Mitarbeiter und Computer stehen Bereit um Avatare zu steuern und die Aufgabe der Kamera zu übernehmen
- Wie viele Avatare (Schauspieler) brauche ich
- Haben die Rechner ausreichend Leistung, um 2nd Life und eine Bildschirm- Recording -Software (Kamera) gleichzeitig zu betreiben
- Wie viele Leute brauche ich am „Set“, z.B. um Locations auszukundschaften oder SecondLifeSpieler darum zu bitte sich zu entfernen oder gar eine Statistenrolle zu übernehmen
- Wie viele Leute brauche ich für die Postproduktion, Sounddesign, Musik, Spezial FX usw. um in der geplanten Zeit fertig zu werden
Besondere Features für Filmemacher in SL
Mit den unbegrenzten Locationmöglichkeiten in Second Life sollte man schon bei der Konzeption spielen, denn durch die "Teleporter-Funktion" ist es, wenn man die unterschiedlichen Settings einmal gesammelt hat wirklich ein Einfaches, an die Locations zu gelangen. Auch die Möglichkeit viele Statisten mitspielen zu lassen, und das vorraussichtlich gratis sollte nicht ungenutzt bleiben. Tageszeiten können in SL beliebig geändert werden. Es kann parallel mit mehreren Kameras (Subjektive der jeweiligen Avatare, deren "Bediner" mit einer ScreenCaptureSoftware vor dem Rechner sitzen und die realTime Geschehnisse somit abfilmen können) gefilmt werden, und das auch aus der Luft, denn in SL gibt es die Möglichkeit zu fliegen.
Mindestausstattung
- mindestens 4 Computer im selben Raum: 1 zum Drehen: eine Person loggt sich mit seinem Avatar ein, dieser Avatar ist sozusagen die "Kamera". Die restlichen für die Protagonisten (2-x) hier loggen sich die Protagonisten-Avatare ein. 1 Ersatz-PC zum Drehen: das Rausrechnen der einzelnen Seqauenzen dauert mitunter so lang, dass man auf einem zweiten PC bereits den nächsten Shot drehen kann.
- Bildschirmaufnahme-Programm, zB. Camtasia von TechSmith.
- eine Person für Regie/Kamera, je eine Person für jeden Protagonisten-Avatar und mindestens 2-3 Personen für alles Drum Herum und Pizza bestellen.
Projektmanagement
Arbeiten im Vorfeld
Im Vorfeld sollte abgeklärt sein, dass jede Software, die verwendet wird auch einwandfrei installiert wurde und zu verwenden ist. (Second Life, Schnittprogramme, etc.) Ideal wäre es, wenn sich ein Projektmitglied sehr gut mit Software und Hardware auskennt, somit können Problem durch schnelles Handeln und ohne hohen Zeitverlust ausgemerzt werden. Tipp: Am besten einen kleinen Workflow durchgehen, um zu checken, dass alles einwandfrei funktioniert, da man keinen Zeitverlust innerhalb der 36 Stunden Produktion in Kauf nehmen kann. So ein Check nimmt maximal eine Stunde im Vorfeld in Kauf, macht sich aber im Nachhinein mit Sicherheit zehnmal mehr bezahlt. Wichtig ist auch, dass Computerräume, Tonstudios, Labors, etc. reserviert sind, wenn man z.B. auf FHs, Unis, o.ä. den Film produziert. Das Projektmanagement sollte auch nicht auf eventuelle Zugangsberechtigungen vergessen, wenn man wie hier auf der FH Salzburg, durch Hochsicherheits- Kartentüren von den Computern zur Außenwelt, an gewissen Tagen, getrennt wird. Es wäre für das Management fatal, wenn die Gruppe vor geschlossenen Türen stehen würde.
Zeitplan
...unter der Prämisse ein Zeitkontingent von sechsunddreissig Stunden nutzen zu können.
Tag #1:
10:00 Themenausgabe ( INSTANT 36 unter www.instant36.at )
10:30 Deadline Treffpunkt im Labor
Deadlines
sollten bei Gruppenarbeiten immer klar formuliert werden und mit
Nachdruck auch deren Wichtigkeit und Notwendigkeit dargelegt werden.
Der Projektmanager ist hier im Vorteil wenn er seine Projektmitarbeiter
etwas kennt, um deren Leistungsphasen (Hochs und Tiefs) in den
Arbeitsablauf einkalkulieren zu können, und somit das Potential der
Mitarbeiter optimal ausschöpfen zu können. Auch sollte er sich
informieren wie und vor allem wann, Mitarbeiter die mit Öffentlichen
Verkehrsmitteln anreisen Treffpunkte einhalten können, um so unnötige
Verzögerungen zu vermeiden.
10:40 - 11:00 Ablauf der Produktion in einer kurze Teambesprechung klären
11:00 - 12:30 Ideenfindung / Brainstorming zum ausgeschriebenen INSTANT 36 - Thema
12:30 - 13:00 Zigarettenpause
13:00 - 14:30 Storyausarbeitung / event. kleines Storyboard (Gruppenteilung)
13:00 - 14:30 Locationscouting (Gruppenteilung)
14:30 - 15:00 Zigarettenpause
15:00 - 20:00 Dreh im Second Life / Texte für Nachvertonung erstellen.
Wichtig ist, dass das Ende nicht zu weit nach hinten verlegt
werden darf, da es bei einer Filmproduktion sowieso immer später wird
und hier an Tag #1 verlorene Arbeitsschritte vom Zeitplan des
Vormittages nachgeholt werden können. Des Weiteren ist zu
berücksichtigen, dass die meisten kreativen Menschen erst in der
Abendzeit an ihre leistungstechnischen Grenzen gehen und hier ein
Freiraum seitens des Projektmanagement gelassen werden sollte. Der
Freiraum kann nämlich dazu führen, dass das Finale des Filmes, das bei
der Storyausarbeitung nicht richtig "rund" war, noch einmal
überarbeitet werden kann und somit perfekt wird.
Tag #2:
12:30 Deadline Treffpunkt im Labor
12:40 - 13:00 Ablauf der Produktion in einer kurze Teambesprechung klären
13:00 - 17:30 Postproduktion starten ( Special Effects, Vertonung,
Vor-, Abspann, eventuell kurzer Nachdreh, Pausen werden hier
selbstständig genommen )
Tipp: In der Postproduktion sollten sich kleine Teams zusammenfinden,
die sich auf die verschiedenen Aufgabenbereiche verteilen – also sich
eventuell schon im Vorfeld Arbeitspakete schnüren.
17:30 - 18:30 Proberendering
18:30 - 20:00 finales Rendering (je nach Kriterien)
20:00 - 22:00 Abgabe (Mitarbeiter mit eigenem Auto wäre hier von Vorteil)
Nach Fertigstellung des Filmes sollte man Zeit für feedback einkalkulieren. Es kann über den Ablauf der Produktion gesprochen werden, und damit für eine weitere Produktion Fehlerquellen verhindert und Arbeitsabläufe vom Projektmanagement optimiert werden.
Produktion
Regie & Kamera
Die Regie war sehr witzig, weil wir ja alle in einem Raum an 4 Rechnern gesessen haben, die Kommandos im Real Live gegeben, und sie dann im Second Life umgesetzt haben. Dabei kommt man wirklich auch nicht um die echten Drehkommandos wie „ruhe Bitte“, „Drehfertig machen“, „Kamera Läuft“, „und BITTE“, „ Danke“ herum. Sie sind unerlässlich im Drehablauf, auch in einem Mashinima Film. Ansonsten würde sich keiner von den Anderen, die die Avatare steuern auskennen. Es war ja auch wichtig für die Story und den Ablauf, das genau auf Kommando dann der eine oder andere ins Bild kommt oder etwas Besonderes macht.
Die Bildschirmkopiersoftware wurde gestartet und auf meinen Bildschirmausschnitt von Second Life justiert. Bei Betätigung des Rec Buttons war die Kamera scharf und es musst agiert werden. Leider wussten die anderen Avatare, die sich sonst noch so in Second Live tummelten nichts von unserem Plan und liefen uns lustig vor die Kamera, stellten sich ins Bild oder rannten unseren Hauptdarsteller über den Haufen. Wir konnten ja schließlich keine Absperrung machen oder sagen Vorsicht hier wird gedreht. Eine Echte Kamera ist ja auch nicht zu sehen in 2nd Life, da ich mit meinem Avatar ja die Kamera war. Wir versuchten zwar mit Messages klar zu machen, das wir hier drehen wollen, leider befanden wir uns aber auf einer Französischen Insel, und unsere Französisch ist auch nicht besser gewesen als unsere Second Life und Mashinima Kenntnisse.
Pingelig darf man bei den Aufnahmen nicht sein, also von wegen der Schauspieler sieht nicht genau im richtigen Zeitpunkt in die eine oder andere Richtung, die Steuerung ist noch nicht so ausgereift, das man damit präzise Ergebnisse erreicht. Wir haben uns dann immer an den anderen Bildschirmen orientiert, bzw. an meinem Kamera Bildschirm, wann es gut aussieht und haben dann die Avatare danach gesteuert, damit wir wenigsten ein bisschen an unser Gewünschtes Ziel gekommen sind. Dass sich die Lippen der Avatare nicht bewegen darf einen auch nicht stören.
Es gibt zwar Gesten, die man mit Tastenkombinationen abrufen kann, aber das war mit der Steuerung zusammen ein echtes Problem, gleichzeitig zu gehen, winken, sprechen oder lachen, und war schwer zu realisieren. Wir haben aber dann beschlossen, es als Stilmittel zu sehen, dass die Avatare reden ohne die Lippen dabei bewegen zu müssen. Sehr gut hat mir gefallen, dass man sich die Tageszeit aussuchen kann. Man kann im Menü wählen zwischen Sonnenaufgang, Mittag, Sonnenuntergang und Nacht. Damit lässt sich gut eine Stimmung definieren, so lassen sich Bilder in ihrer Aussage Verstärken.
Da wir ja im echten Leben immer Probleme haben Flüge oder Kranfahrten zu machen, wenn es oft am Budget scheitert, haben wir uns gedacht diese Vorteile im 2nd Life uns zu Nutzen zu machen und sind kräftig geflogen und haben Fahrten gemacht. Stellenweise haben wir auch die Subjektiven der einzelnen Avatare abgefilmt, da sich diese Einstellungen mit meinem Kamera Avatar nicht realisieren ließen. Aber wir haben ja die Möglichkeit auch auf den anderen Rechnern, die subjektiven Einstellungen mitzuschneiden. Im Schnitt müssen später nur noch die einzelnen Einstellungen zusammen montiert werden. Subjektive Einstellungen spielen ja auch im Realen Film eine wichtige Rolle.
Avatar-Design
Bei der ersten Anmeldung in Second-Life kann zwischen 12 unterschiedlichen Standard-Avataren (6 female / 6 male) ausgewählt werden.
Danach besteht die Möglichkeit, das Aussehen des Avatars jederzeit im Menü „Appearance“ zu verändern. Dort gibt es viele, viele Schieberegler, mit denen Gesicht und Körper fast ganz nach Belieben umgestaltet werden können:
- Shape: Body, Head, Eyes, Ears, Nose, Mouth, Chin, Torso, Legs
- Skin: Skin Color, Face Detail, Makeup, Body Detail
- Hair: Color, Style, Eyebrows, Facial
- Eyes: Color, Lightness
- Clothes
Für Skin, Hair, Eyes und natürlich auch Clothes könnten eigene Texturen verwendet werden – das Raufladen dieser kostet allerdings ein paar Linden-Dollar.
Das Aussehen des Avatars kann auch gespeichert werden – so kann man jederzeit wieder zu einem vorherigen Erscheinungsbild zurückwechseln. Das ist besonders praktisch, wenn sich das Aussehen des Characters während dem Film ändert, denn es kann ja durchaus passieren, dass später noch Szenen nachgedreht werden müssen, in denen der Avatar wieder so wie zu Beginn aussehen soll.
Die "Original-Kleidung" der Avatare ist abhängig von der Auswahl des Standard-Avatars beim ersten Einstieg in Second Life. Farben, Ärmellänge usw. können aber ebenfalls im Menü "Appearance" verändert werden. Und selbstverständlich könnten Kleidung und Accessoires für die Avatare auch direkt in Second Life gekauft werden. Weiters kann man natürlich auch versuchen (kleidungsähnliche) Dinge selbst zu modeln, um sie dem Avatar anzuziehen.
Schauspielern mit den Avataren
Neben der Funktion Fly (Shortcut F; E bzw. C zum höher/tiefer fliegen) und Run (Strg + R) können die Avatare auch noch andere Bewegungen machen: Unter Inventory ist eine Auswahl an Gestures gespeichert. Um diese verwenden zu können, müssen sie aktiviert werden. Außerdem kann ihnen ein Shortcut zugewiesen werden, was sehr nützlich ist, um die Gesten während des Filmens zu benützen. Auch eine preview-Funktion der Gestures steht zur Verfügung.
Da die Avatare ihren Gesichtsausdruck nicht verändern können, ist es im Film wichtig, das zumindest die Kopfbewegungen einigermaßen stimmen. Am besten lassen sich die Kopfbewegungen des Avatars steuern, wenn man sich im Mouselook-View (Shortcut M) befindet.
Und noch eine Eigenheit der Avatare, die man vielleicht (aber eher nicht) für den Dreh benötigen könnte: ist der Status eines Avatars auf "away" gesetzt, steht er mit hängendem Kopf da und kann von anderen Avataren umgerannt bzw. herumgeschoben werden.
Dialoge
Dialoge haben nach erstigem Durchsprechen noch überarbeitet werden
müssen. Die Dialoge sind in Machinimas ein wichtiges Element, das die
Story trägt und zum Großteil als zentrales Stilmittel angewendet wird
(wie wird gesprochen, was wird versprochen). Prinzipiell, soll bei
Machinimas auf das visuelle Erscheinungbild nicht sehr viel Einfluss
genommen werden, außer es handelt sich um sehr stilisierte Machinimas -
diese sind aber in der MachinimaSzene eher unüblich, da eher das
Eingreifen in die vorhandene Spielestruktur und -programmierung jenes
ist, was MachinimaMachern am Machinimamachen reizt.
Nachbearbeitung des Footages
Einfügen von "Nicht-SecondLifeObjekten" in AfterEffects. Da wir in
die Programmierung nicht eingegriffen haben, mussten wir Objekte im
Nachhinein einfügen um die Geschichte spannender zu machen. Korrektur
von Farbe und Look (minimalistisch).
Schnitt
Der Schnitt wird wie in einem gewöhnlichen Projekt erledigt. Man hat sein Footage, seine Clips und seine Story, danach wird geschnitten. Nach einiger Zeit merkt man eigentlich gar nicht mehr, das man keine realen Schauspieler vor sich hat, man konzentriert sich auf die Story und die Aussage und versucht die einzelnen Szenen aneinander zu montieren. Dabei ist es nebensächlich ob es nun virtuelle Charaktere oder echte Schauspieler sind, der Job ist der gleiche.
Links
Das 36h Resultat ist anzusehen
unter http://alterego.hannasteinbichler.net
Andere interessante Links zu dem Thema:
Machinimas auf Youtube.com